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LSG Baden-Württemberg zur Abgrenzung zwischen abhängig Beschäftigten und freien Mitarbeitern

Von Minh Riemann
23 Oktober 2023
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Mit der Frage, ob eine Tätigkeit als eine selbstständige oder sozialversicherungspflichtige zu qualifizieren ist, beschäftigen sich die Gerichte immer wieder aufs Neue. Wird eine Person zunächst als „freier Mitarbeiter“ beschäftigt und wird dieser Status im Nachhinein nicht anerkannt, so kann dies erhebliche Folgen für Unternehmen haben: Hohe Sozialversicherungsbeiträge müssen nachgezahlt werden und es können strafrechtliche Verfahren wegen Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen drohen. 

Für die Beurteilung, ob eine Person als freier Mitarbeiter oder abhängig Beschäftigter einzustufen ist, kommt es auf die gelebte Praxis und nur nachrangig auf die von den Parteien gewählte Vertragsbezeichnung an. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 20. März 2023 (L 4 BA 2739/20) noch einmal klargestellt.

Was war passiert?

In dem vom Landessozialgericht zu entscheidenden Fall ging es um die Tätigkeit der Koordinatorin eines Jazzclubs. Die Koordinatorin war von dem Jazzclub u.a. mit der allgemeinen Koordination des Clubbetriebs und der Zusammenarbeit mit Künstlern betraut worden. Darüber hinaus unterstützte sie den künstlerischen Leiter und organisierte Konzerte. Sie wurde als „Teamleiter Office und Assistenz der Geschäftsleitung“ beschäftigt, zunächst auf Grundlage einer mündlichen Vereinbarung und später auf Basis eines „Vertrags über freie Mitarbeit“. Vertraglich hatten die Parteien festgehalten, dass kein Arbeitsverhältnis zwischen ihnen begründet werden sollte.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund vertrat im Rahmen eines anschließenden Statusfeststellungsverfahrens allerdings die Ansicht, dass die Mitarbeiterin einer abhängigen Beschäftigung nachging. Daraufhin kam es zum Rechtsstreit.   

Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg

Wie bereits das Sozialgericht Mannheim gelangte das Landessozialgericht Baden-Württemberg im Berufungsverfahren zu dem Schluss, dass die Koordinatorin einer sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung nachging. Begründet hat das Landessozialgericht die Entscheidung u.a. damit, dass die Koordinatorin nicht nur konkret abgrenzbare Aufträge übernommen hatte, sondern dass ihr ein fester Aufgabenbereich innerhalb der Betriebsorganisation zugewiesen worden war. Darüber hinaus sei die Koordinatorin in die betrieblichen Abläufe eingegliedert worden und hätte eigenverantwortlich alle erforderlichen Arbeiten des Clubbetriebs verantwortet. Aus Sicht des Landessozialgerichts sprach schließlich auch der Umstand, dass die Koordinatorin an festen Wochentagen für den Jazzclub tätig wurde, für eine abhängige Beschäftigung. 

Der Umstand, dass die Koordinatorin auch für andere Auftraggeber selbstständig tätig wurde,

genügte dem Landessozialgericht hingegen nicht, um auf eine freie Mitarbeit zu schließen. Darüber hinaus betonte das Landessozialgericht, dass nicht entscheidend sei, dass die Parteien ihr Vertragsverhältnis als „freie Mitarbeit“ deklariert hätten.

Fazit und Praxishinweise

Die Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg überrascht nicht und steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung der Sozialgerichte und der Verwaltungspraxis der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Die Beantwortung der Frage, ob eine Person als freier Mitarbeiter oder abhängiger Beschäftigter tätig wird, hängt von der gelebten Praxis und den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebliches Kriterium für die Abgrenzung ist der Grad der persönlichen Abhängigkeit. Dies bestimmt sich insbesondere danach, ob eine Person Weisungen unterliegt, in die betrieblichen Abläufe eingegliedert ist und ein eigenes unternehmerisches Risiko trägt. Von untergeordneter Bedeutung ist hingegen, wie die Parteien ihr Vertragsverhältnis selbst bezeichnet haben.

Wird im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Scheinselbstständigkeit festgestellt, kann dies empfindliche Folgen haben: Unternehmen müssen für bis zu vier Jahre Sozialversicherungsbeiträge nachentrichten, im Fall von Vorsatz sogar für einen Zeitraum von bis zu 30 Jahren. Die nachzuentrichtenden Sozialversicherungsbeiträge umfassen hierbei den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil und rückwirkend können nur für drei Monate die Arbeitnehmeranteile einbehalten werden. Darüber hinaus drohen hohe Säumniszuschläge und es kommt eine strafrechtliche Haftung der Geschäftsführung in Betracht. Durch den Arbeitnehmerstatus erhält der Mitarbeiter schließlich Anspruch auf Lohnfortzahlung und Urlaub sowie bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen Kündigungsschutz.    

Damit es zu keiner bösen Überraschung kommt, ist Unternehmen, die mit freien Mitarbeitern zusammenarbeiten, daher dringend zu raten, Vorkehrungen zu treffen. Neben einer klaren Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarungen sollte insbesondere die Zusammenarbeit so organisiert werden, dass nicht auf eine Weisungsabhängigkeit und Eingliederung des Mitarbeiters in die betrieblichen Abläufe geschlossen werden kann. So sollte der Mitarbeiter beispielsweise seine Arbeitszeit frei einteilen und in keine Dienstpläne aufgenommen werden. Bestehen Zweifel über den Status eines Mitarbeiters, so kann es sich darüber hinaus empfehlen, frühzeitig eine Anfrage zur Statusfeststellung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu stellen.

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