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Nachtarbeitszuschläge: Keine Gleichstellung bei unterschiedlichen Arbeitsformen

Von Dr. Josef Tahmaz
6 August 2025
  • Recht der Arbeitnehmervertretung
  • Tarifvertragsrecht
  • Vergütung (Compensation & Benefits)
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Das Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 22. Januar 2025 – 10 AZR 140/24 hat entschieden, dass es möglich ist, durch Tarifvertrag eine Gleichstellung von unterschiedlichen Arbeitsformen bei den Nachtarbeitszuschlägen auszuschließen.

Was war passiert?

Eine Arbeitnehmerin aus der Textilindustrie klagte gegen ihren Arbeitgeber auf höhere Nachtarbeitszuschläge. Die Klägerin leistete im streitgegenständlichen Zeitraum von März bis November 2019 sowie von Januar bis März 2020 Früh-, Spät- und Nachtschichtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit. Für diese Arbeit erhielt sie gemäß dem geltenden Manteltarifvertrag (MTV) für die Textilindustrie einen Zuschlag von 15% für Nachtarbeit in der Früh- und Spätschicht sowie 25% für Nachtschichtarbeit.

Die Arbeitnehmerin begehrte jedoch die Zahlung höherer Zuschläge in Höhe der Differenz zu dem im Tarifvertrag vorgesehenen Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit von 50%. Sie argumentierte, dass die unterschiedlichen Zuschlagssätze gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen würden, da beide Arbeitnehmergruppen vergleichbar seien und kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliege.

Was hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?

Das BAG wies die Revision der Klägerin zurück und bestätigte damit die Entscheidungen der Vorinstanzen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Nachtarbeitszuschläge für den streitgegenständlichen Zeitraum.

Rechtliche Bewertung der tariflichen Differenzierung

Verfassungsrechtliche Prüfung: Kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG

Das Gericht prüfte eingehend, ob die tarifliche Differenzierung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt. Dabei kam es zu dem Ergebnis, dass die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist.

Vergleichbarkeit der Arbeitnehmergruppen

Das BAG erkannte an, dass Arbeitnehmer, die regelmäßig Nachtschichtarbeit sowie Nachtarbeit in der Früh- und Spätschicht leisten, grundsätzlich mit Arbeitnehmern vergleichbar sind, die unregelmäßige Nachtarbeit erbringen. Dennoch werden sie nicht gleichheitswidrig schlechter gestellt.

Sachliche Rechtfertigung durch unterschiedliche Planbarkeit

Der entscheidende Punkt der Begründung liegt in der unterschiedlichen Planbarkeit der Arbeitsformen. Das BAG führte aus, dass die schlechtere Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit einen sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung darstellt.

Bei regelmäßiger Nachtarbeit in Schichten werden typischerweise Schichtpläne mit zeitlichem Vorlauf aufgestellt, die einem gewissen Rhythmus folgen. Dadurch ist es besser möglich, dass sich der Arbeitnehmer auf diese regelmäßig geschuldete Arbeitsleistung einstellt und sein privates Umfeld entsprechend ausrichtet. Unregelmäßige Nachtarbeit richtet sich dagegen nicht nach festen Regeln, sondern folgt üblicherweise einem weniger vorhersehbaren Bedarf.

Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien

Das Gericht betonte den weiten Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien bei der Ausgestaltung von Nachtarbeitszuschlägen. Den Tarifvertragsparteien steht es im Rahmen der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Tarifautonomie frei, mit einem Nachtarbeitszuschlag neben dem Schutz der Gesundheit weitere Zwecke zu verfolgen, wie etwa den Ausgleich für die schlechtere Planbarkeit unregelmäßiger Nachtarbeit.

Fazit

Das Urteil des BAG verdeutlicht, dass nicht jede unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmergruppen automatisch gegen den Gleichheitssatz verstößt. Entscheidend ist vielmehr, ob sachliche Gründe für die Differenzierung vorliegen. Im Fall der Nachtarbeitszuschläge hat das Gericht überzeugend dargelegt, dass die unterschiedliche Planbarkeit von regelmäßiger Schichtarbeit und unregelmäßiger Nachtarbeit einen hinreichenden sachlichen Grund für die unterschiedlichen Zuschlagshöhen darstellt.

Die Entscheidung stärkt die Tarifautonomie und macht deutlich, dass Tarifvertragsparteien bei der Ausgestaltung von Zuschlagsregelungen verschiedene Belastungsfaktoren berücksichtigen dürfen. Neben dem Gesundheitsschutz können auch Aspekte wie Planbarkeit, Vorhersehbarkeit und die Möglichkeit zur privaten Lebensgestaltung in die Bewertung einfließen.

Für die Praxis bedeutet dies, dass Arbeitnehmer nicht automatisch Anspruch auf die höchsten in einem Tarifvertrag vorgesehenen Zuschläge haben, sondern nur auf diejenigen, die für ihre konkrete Arbeitsform vorgesehen sind. Eine „Anpassung nach oben“ kommt nur in Betracht, wenn die tarifliche Differenzierung tatsächlich sachlich nicht gerechtfertigt ist – was bei der unterschiedlichen Planbarkeit verschiedener Nachtarbeitsformen nicht der Fall ist.

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