Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden. Bestandteil dieses Mitbestimmungsrechts ist die Aufstellung und Änderung von betrieblichen Vergütungsordnungen. Wie weit reicht das Mitbestimmungsrecht? Und was passiert, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat bei der Vereinbarung einer Vergütungsordnung nicht einigen können?
Was sind betriebliche Vergütungsordnungen?
Nach dem Bundesarbeitsgericht ist eine Vergütungsordnung ein kollektives und mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Betriebliche Vergütungsordnungen umfassen alle Regelungen zur Entlohnung, die der Arbeitgeber für den Betrieb aufstellt, wie zum Beispiel die Grundvergütung, Leistungszulagen und Prämien, Zuschläge für besondere Tätigkeiten, Gratifikationen und Sonderzahlungen oder zum Beispiel Provisionsregelungen.
Umfang des Mitbestimmungsrechts
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erstreckt sich auf die Struktur der Vergütungsgruppen und die Verteilungsgrundsätze. Die Betriebsparteien bewerten im Rahmen der betrieblichen Vergütungsordnung die im Betrieb unterschiedlich auszuübenden Tätigkeiten und legen deren Verhältnis zueinander in Vergütungsgruppen fest. Die betriebliche Vergütungsordnung ist damit Ergebnis einer Entscheidung über die Wertigkeit der betrieblichen Tätigkeiten im Verhältnis zueinander. Je nach gewünschter Flexibilität können Stufen- und Bandbreitenregelungen verhandelt werden. Die betriebliche Vergütungsordnung ist maßgeblich für die Eingruppierung von Arbeitnehmern in die entsprechenden Lohn- oder Gehaltsgruppen i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG.
Nicht Bestandteil des Mitbestimmungsrechts ist die Höhe der Vergütung. Hierauf erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht. Der Arbeitgeber legt die Höhe der Vergütung allein fest, muss sich dabei aber im Rahmen der mit dem Betriebsrat verhandelten Regelungen bewegen.
Bei Nichteinigung: Einigungsstelle
Der Betriebsrat kann die Einführung einer Vergütungsordnung erzwingen. Ihm steht ein entsprechendes Initiativrecht zu. Umgekehrt sind ohne Betriebsratszustimmung eingeführte einseitige Vergütungsregelungen unwirksam. Da es sich bei den in § 87 BetrVG enthaltenen Beteiligungsrechten des Betriebsrats um erzwingbare Mitbestimmungsrechte handelt, entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten die Einigungsstelle (§ 87 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Macht der Betriebsrat sein Initiativrecht geltend und verweigert zum Beispiel der Arbeitgeber die Verhandlung, droht dem Unternehmen eine Entscheidung durch die Einigungsstelle.
Sperrwirkung von tarifvertraglichen Regelungen
Ohne Zustimmung des Betriebsrats kann der Arbeitgeber keine Entgeltregelungen einführen oder ändern, soweit er sich nicht für die Regelung durch einen Tarifvertrag entscheidet. In diesem Fall sperrt der für den Arbeitgeber verbindliche Tarifvertrag die Mitbestimmung des Betriebsrats in Bezug auf die für den Arbeitgeber tariflich geregelten Vergütungsbestandteile. Im tarifgebundenen Unternehmen schließt der Tarifvertrag die Mitbestimmung bei der Vergütungsordnung aber nur für die sog. Tarifmitarbeiter aus, nicht für die sog. AT-Angestellten, solange die AT-Angestellten nicht auch leitende Angestellte i.S.v. § 5 Abs. 3 BetrVG sind. Für die AT-Angestellten kann unabhängig von dem Tarifvertrag eine Vergütungsordnung verhandelt werden.
Ausblick
Die betriebliche Vergütungsordnung wird für nicht tarifgebundene Unternehmen, bei denen Betriebsräte existieren, angesichts der Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie und der darin geregelten Pflicht, diskriminierungsfreie Entgeltsysteme einzuführen, zunehmend an Bedeutung gewinnen. Arbeitgeber sollten den Betriebsrat frühzeitig in die Planung der Entgeltsysteme einbeziehen. Die Verhandlung über eine Vergütungsordnung erfordert eine umfassende Vorbereitung auf tatsächlicher und rechtlicher Seite. Der Verhandlungsaufwand und -umfang sollte nicht unterschätzt werden.