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Mehr Urlaub mit Tarifvertrag – wirklich so einfach?

Von Frank Lenzen
28 August 2024
  • Tarifvertragsrecht
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Von Frank Lenzen (Partner) und Nadine Rettenmaier (Referendarin)

„Mehr Urlaub mit Tarifvertrag. Werde Mitglied in deiner Gewerkschaft.“ So wirbt der DGB derzeit in ganz Deutschland (unter anderem an der U-Bahn-Unterführung an der Festhalle/Messe in Frankfurt am Main (siehe Bild). Wir haben uns gefragt: Ist es arbeitsrechtlich zulässig, dass Gewerkschaften ihren Mitgliedern exklusive Vorteile gegenüber anderen Mitarbeitern im selben Unternehmen garantieren? Und wie können Arbeitgeber hierauf reagieren?

Tarifverträge gelten grundsätzlich nur zwischen „den beiderseits Tarifgebundenen“ (§ 4 Abs. 1 S. 1 TVG). Das sind die Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft und die Mitglieder des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes oder der tarifschließende Arbeitgeber selbst. Mitarbeitende, die im selben Unternehmen arbeiten, aber nicht Mitglied einer Gewerkschaft sind, haben somit keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Tarifvertrag. Solche Mitarbeiter werden kurioserweise auch „Außenseiter“ genannt.

In der Regel wenden Arbeitgeber Tarifverträge jedoch auf alle Mitarbeitenden eines Betriebs an, also auch auf solche, die nicht Mitglied der Gewerkschaft sind. Dadurch erhalten alle Mitarbeiter dieselben Leistungen. Im Arbeitsvertrag des Mitarbeiters steht beispielsweise: „Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung“ (sogenannte Bezugnahmeklausel). Für diese Mitarbeitende entfällt damit ein Motiv, der Gewerkschaft beizutreten. Eine solche Bezugnahme können Gewerkschaften nicht verhindern. Für Arbeitgeber können Bezugnahmeklauseln insofern vorteilhaft sein, dass dem Druck, der am Tarifabschluss beteiligten Gewerkschaft beizutreten, um in den Genuss der tarifvertraglichen Rechte zu kommen, etwas entgegensetzt wird. So können Arbeitgeber verhindern, dass die Anzahl an Mitgliedern der Gewerkschaft wächst und diese mehr Macht im Unternehmen erlangt.

Gewerkschaften wiederum nutzen die Möglichkeit durch die Vereinbarung von sogenannten Differenzierungsklauseln im Tarifvertrag ihren Mitgliedern exklusive Vorteile zu garantieren, um wiederum bei den nicht organisierten Mitarbeitern einen Anreiz zu schaffen, in die Gewerkschaft einzutreten. Diese „Vorgehensweise“ ist mittlerweile immer öfter anzutreffen.    

Rechtliche Grenzen

Maßstab für die Zulässigkeit einer Differenzierungsklauseln ist die so genannte „negative Koalitionsfreiheit“ der Arbeitnehmer, die nicht Mitglied einer Gewerkschaft sind. Die negative Koalitionsfreiheit ist grundrechtlich über Art. 9 Abs. 3 GG geschützt und gewährleistet das Recht, einer Gewerkschaft fernzubleiben oder aus ihr auszutreten.

Nach der aktuellen Rechtsprechung sind einfache Differenzierungsklauseln grundsätzlich zulässig. Eine einfache Differenzierungsklausel schränke die Handlungs- und Vertragsfreiheit des Arbeitgebers nicht ein, weil dieser das Recht habe, entsprechende Leistungen, die von einer Bezugnahmeklausel ja gerade nicht erfasst werden – denn die Gewerkschaftsmitgliedschaft ist ja bei diesen gewerkschaftlichen Sonderleistungen eine Anspruchsvoraussetzung (Tatbestandsmerkmal) – im Rahmen gesonderter vertraglicher Regelungen/Zusagen an Außenseiter weiterzugeben. Differenzierungsklauseln verbieten dem Arbeitgeber also nicht, die entsprechenden Leistungen auf einzelvertraglicher Grundlage gegenüber den Außenseitern zu erbringen.

Hilfsweise hat die Rechtsprechung bislang auch die Höhe der Sonderleistungen geprüft. Nur wenn diese besonders hoch seien, werde ggf. die Grenze eines unverhältnismäßigen Drucks zum Gewerkschaftsbeitritt überschritten. In der Praxis haben die Arbeitsgerichte aber bislang niemals eine Sonderleistung als in diesem Sinne „zu hoch“ erachtet.

Problematischer sind vor allem die sogenannten Spannensicherungsklauseln, die festlegen, dass der Arbeitgeber in einem bestimmten Abstand höhere Leistungen an Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft zu leisten hat als an andere Mitarbeiter. So soll beispielsweise festgelegt werden, dass Mitglieder der Gewerkschaft stets einen Tag Urlaub mehr erhalten als Außenseiter. Gewerkschaften versuchen damit, eine Gleichbehandlung zu verhindern. Bei solchen Klauseln sehen die Arbeitsgerichte jedoch die Grenze der tariflichen Regelungsmacht als überschritten und die negative Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer als verletzt an und bewerten Spannensicherungsklauseln als unwirksam (z.B. BAG, Urteil vom 23. März 2011 – 4 AZR 366/09).

Nicht vergessen werden darf aber folgendes: Die Gewährung von entsprechenden Sonderleistungen an Außenseiter tangiert aber die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Der Betriebsrat hat also über die Verteilungsgrundsätze mitzubestimmen. Demgegenüber ist die Festlegung des zwecks der Zahlung und die Festlegung des abstrakten Adressatenkreises mitbestimmungsfrei.

Fazit

Die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft führt somit nicht zwangsläufig zu Mehrurlaub. Zudem werden Arbeitgeber üblicherweise ihren Mitarbeitern die gleichen Leistungen gewähren, was von Gewerkschaften nicht verhindert werden kann. Soweit ein Betriebsrat besteht, sind die Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beachten.

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Differenzierungsklauseln, Gewerkschaftsbonus, Tarifrecht
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