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Eigenkündigung und gleichzeitige Krankschreibung – das BAG setzt Grenzen

Von Dr. Lukas Jäger
24 August 2022
  • Individualarbeitsrecht
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Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung („AU-Bescheinigung“) kommt grundsätzlich ein hoher Beweiswert zu. Das BAG (Urteil vom 8. September 2021 – 5 AZR 149/21) setzt jedoch Grenzen, wenn ein Arbeitnehmer eine Eigenkündigung ausspricht und gleichzeitig eine AU-Bescheinigung einreicht, deren Dauer sich passgenau mit der Kündigungsfrist deckt.  

Bloßer Zufall?

Eigenkündigung und gleichzeitige Krankschreibung. Dieses Zusammenspiel ließ den Arbeitgeber stutzig werden. Bloßer Zufall? Ja, sagte die Arbeitnehmerin. Nein, meinte der Arbeitgeber. Dem Arbeitgeber kam die Krankschreibung verdächtig vor. Er vermutete, dass die AU-Bescheinigung bloß vorgeschoben war, denn die Dauer der Krankschreibung betrug ebenso wie die Kündigungsfrist exakt zwei Wochen. Der Arbeitgeber verweigerte daher die Entgeltfortzahlung für diesen Zeitraum. Die Arbeitnehmerin erhob daraufhin eine Zahlungsklage.

BAG setzt Grenzen:

Das BAG wies die Zahlungsklage der Arbeitnehmerin ab und gab dem Arbeitgeber recht. Aus dem Urteil lassen sich für die Praxis viele Lehren ziehen. Zum einen hob das BAG hervor, dass der Beweis einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit in der Regel durch die Vorlage einer AU-Bescheinigung geführt wird. Einer AU-Bescheinigung kommt daher grundsätzlich ein hoher Beweiswert zu. Sie ist laut dem BAG das wichtigste Beweismittel für das Vorliegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Nach dem BAG kann der Arbeitgeber den Beweiswert der AU-Bescheinigung nur dadurch erschüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und beweist, die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben.

Vorliegend hatte das BAG ernsthafte Zweifel an der Erkrankung der Arbeitnehmerin. Dass die Dauer der Krankschreibung ebenso wie die Kündigungsfrist nach der Eigenkündigung exakt zwei Wochen betrug, ließ das BAG ausreichen, um den Beweiswert der AU-Bescheinigung zu erschüttern. An einen bloßen Zufall glaubte auch das BAG nicht. Gleichwohl gab es der Arbeitnehmerin noch eine Chance, zu ihrer Krankheit vorzutragen und den Senat von einer tatsächlich vorliegenden Krankheit zu überzeugen. Hierzu führte das BAG aus, dass die Arbeitnehmerin für den gesamten Entgeltfortzahlungszeitraum zumindest laienhaft schildern müsse, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit bestanden haben. Der Beweis könne auch durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen. Davon hatte die Arbeitnehmerin im vorliegenden Fall jedoch keinen Gebrauch gemacht. Auch im Übrigen habe die Arbeitnehmerin laut dem BAG lediglich pauschal ausgeführt, dass sie einem massiven Mobbing ausgesetzt gewesen sei. Dieses habe zu Schlafstörungen und weiteren psychisch-körperlichen Beeinträchtigungen geführt, die wahrscheinlich in einen Burn-Out gemündet hätten. Angaben zur Intensität der von ihr geschilderten Schlafstörungen oder zur Art und vor allem Schwere der weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen hat die Arbeitnehmerin aber nicht gemacht und auch nicht vorgetragen, dass die Beschwerden im gesamten Klagezeitraum anhielten. Laut dem BAG ist die Arbeitnehmerin daher ihrer Darlegungslast zum Bestehen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit nicht nachgekommen.

Fazit

Die Entscheidung des BAG verdeutlicht, dass Arbeitgeber nicht jede AU-Bescheinigung kampflos hinnehmen müssen. Der grundsätzlich hohe Beweiswert von AU-Bescheinigungen kann im Einzelfall erschüttert werden, wenn Umstände vorliegen, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Erkrankung des Arbeitnehmers geben. Gibt es Indizien, die auf eine Vortäuschung der Arbeitsunfähigkeit hindeuten, kann der Arbeitgeber berechtigt sein, die Entgeltfortzahlung im Einzelfall zu verweigern. Die BAG-Entscheidung verdeutlicht, dass der Beweiswert einer AU-Bescheinigung erschüttert werden kann, wenn die Krankschreibung exakt den Zeitraum der Kündigungsfrist umfasst. Arbeitnehmer müssen sodann konkrete Tatsachen für eine tatsächlich bestehende Erkrankung darlegen und ggf. beweisen.

Gleichwohl dürfte sich die Euphorie für einen Arbeitgeber in Grenzen halten. Durch die Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht wird es für Arbeitnehmer ein Leichtes sein, eine tatsächlich bestehende Krankheit im Prozess darzulegen und zu beweisen. 

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